Corona hat den Blick verändert
Das Thema psychische Belastungen und Gesundheit ist in vielen Unternehmen viel präsenter geworden. Ist das ein Thema, das sich etablieren und bleiben wird?
Corona hat uns alle in ein Boot geholt. Das Thema psychische Gesundheit spielt jetzt einfach eine größere Rolle. Vielen ist in dieser Zeit deutlich geworden, wie viel die Psyche ausmacht und wie wichtig es ist, in einem guten Umfeld zu sein, mit guter Kommunikation und guter Struktur. Man merkt, dass sich die Wogen langsam glätten und so etwas wie Normalität einkehrt. Dadurch ist jetzt ist wieder mehr Zeit da, sich auch strukturell um das Thema zu kümmern und die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen gezielt anzugehen.
Die Möglichkeit für Homeoffice haben viele während dieser Zeit zu schätzen gelernt. Auch technologische Tools werden mittlerweile selbstverständlich eingesetzt und auf andere Bereiche ausgeweitet, etwa bei digitalen Unterweisungen. Wie sehen die Erfolgsfaktoren für eine gelungene Online-Unterweisung aus?
Bei Online-Unterweisungen gelten die gleichen Kriterien wie bei einer guten Offline-Unterweisung. Wenn ich als Unterweisende selbst einen Sinn darin sehe und mich damit identifizieren kann, kann ich das Thema besser vermitteln. Dann ist eine Unterweisung auch gleichzeitig ein guter Anlass, die eigenen Werte und die des Unternehmens zu kommunizieren. Idealerweise leben Unternehmen eine Kultur, in der Beteiligung, Wertschätzung und Unterstützung dazugehören. Daran kann man anknüpfen. Es geht darum, diese Kultur abzubilden und zu fragen: ‚Wie machst du das?‘ oder ‚Was für einen Lösungsvorschlag hast du?‘. Das muss der Ansatz in jeder Unterweisung sein – ob online oder offline. Das Schöne ist: Im Arbeitsschutzgesetz steht zwar, dass ich mit den Leuten über die Gefahren und Maßnahmen zur Abwendung sprechen muss. Wie ich das mache, ist aber offengelassen. Entsprechend frei kann ich das Format gestalten. Ich würde online aber zum Beispiel trotzdem immer mit interaktiven Möglichkeiten arbeiten, Fragen stellen, die Leute in kleineren Gruppen diskutieren lassen und darauf achten, die Unterweisung nicht allzu lang zu gestalten.
Eine Online-Unterweisung kann also auch interaktiv durchgeführt werden und die Teilnehmenden direkt mit einbeziehen?
Ja, auf jeden Fall. Natürlich werden aber auch viele Unternehmen weiterhin auf vorgefertigte E-Learning-Tools setzen, die eigenständig durchgeführt werden. Bei Themen, die besonders wichtig sind und viel Verständnis und Vermittlungsarbeit benötigen, würde ich es mir als Fachkraft aber nicht nehmen lassen, das mündlich und mit digitaler Unterstützung abzuwickeln. Ich denke, es wird in Zukunft eher in Richtung Blended Learning gehen, bei dem beide Formen genutzt werden.